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Gelassen durchs Schuljahr

Burnout-Prävention im Klassenzimmer

Das Stressempfinden am Arbeitsplatz hat in den letzten 10 Jahren kontinuierlich zugenommen. Besonders betroffen sind Menschen in sozialen Berufen. So nehmen auch Lehrpersonen die Arbeit mit Kindern als sehr sinnstiftend und erfüllend, aber gleichzeitig als sehr herausfordernd und anstrengend wahr.
Gemeinsam mit Carola Kleinschmidt, Expertin auf dem Gebiet der Stressprävention, haben wir uns damit auseinandergesetzt, welche Interventionen die Lehrpersonen im oftmals stressigen Schulalltag tatsächlich nutzen können. Entstanden ist der Jahresbegleiter «Gelassen durchs Schuljahr», der Lehrpersonen dabei hilft, sich bewusst kleine Auszeiten zu nehmen, häufiger gelassen zu bleiben und ihre seelische Gesundheit zu stärken.

 

Der Beruf der Lehrperson ist und bleibt herausfordernd
In der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022 gaben 25% der erwerbstätigen Frauen und 21% der erwerbstätigen Männer an, dass sie an ihrem Arbeitsplatz meistens oder immer Stress erleben (Quelle: Bundesamt für Statistik). Zehn Jahre vorher fühlten sich 17% der Frauen und 18% der Männer gestresst. «Die Arbeitswelt verlangt heute ein viel gelasseneres Gemüt von uns, um gute Arbeit zu machen. Wir müssen vielfältig wach und sozial stark sein, was nicht geht, wenn wir psychisch angeschlagen sind», so Carola Kleinschmidt. 53% der gestressten Menschen fühlen sich bei der Arbeit zusätzlich emotional erschöpft. Dies stellt einen Risikofaktor für ein Burnout dar. Emotional erschöpfte Menschen weisen zudem häufiger Anzeichen einer Depression auf.
Am stärksten ist das Stresserleben im Gesundheits- und Sozialwesen, in welchem sich auch der Beruf der Lehrperson verorten lässt. In einer Studie (Spenger, 2019) aus Niederösterreich wurden über 4000 Lehrpersonen nach Stressoren im Schulalltag befragt. Die Lehrpersonen fühlen sich unter anderem besonders gestresst durch die Erziehungsarbeit im Unterricht, die vielen organisatorisch-administrativen Aufgaben, die Korrekturarbeit, die ungeregelten Arbeitszeiten, Klassenvorstandstätigkeiten, Aufgaben im Rahmen der Schulentwicklung, Massnahmen im Bereich Integration/Inklusion, den Mangel an Unterstützungspersonal und fehlende Rückzugsmöglichkeiten. Auch die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen und die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten sind herausfordernd. 

 

 

Gestärkt durch den Schulalltag
Was können gestresste Lehrpersonen tun? «Die gute Nachricht ist: Wir müssen nicht unser ganzes Leben umkrempeln», so Carola Kleinschmidt. «Mein wertvollster Tipp sind die Mini-Pausen – sie sind eine unterschätzte Kraftquelle.» Sie empfiehlt, Körper und Geist nach 70 bis 90 Minuten Arbeit zumindest eine 5-minütige Pause zu gönnen. «Wir Menschen sind dafür gemacht, in einer Welle der Energie durch den Tag zu gehen.» Eine Pause ist besonders nährend, wenn sie im Kontrast zu dem steht, was wir vorher gemacht haben. Stand eine Lehrperson angespannt vor der Klasse, ist jetzt eine stille Pause oder eine Atemübung vielleicht genau das Richtige.
Der Jahresbegleiter zeigt einfache Übungen, die auch im eng getakteten Alltag der Schule Platz finden. Viele lassen sich zudem fast unbemerkt durchführen – zum Beispiel während die Klasse mit einem Auftrag beschäftigt ist. Im Alltag scheint es oft verlockend, erst alle To-dos abzuhaken und die Erholung auf den Abend zu schieben. Doch regelmässige Pausen innerhalb des Tages helfen uns, das zu verarbeiten, was vorher war. Schon fünfminütige Auszeiten verbessern den Energiehaushalt merklich. «Die Pausen sind ein bisschen wie der Winter; von aussen sehen wir keine Leistung, die erbracht wird, aber unter der Schneedecke werden neue Kräfte für den Frühling gesammelt. Wird das beachtet, hat man abends noch genug Energie, um mit Freunden etwas zu unternehmen oder zum Sport zu gehen.»

 

 

Die Energiewelle reiten – gemeinsam mit der Klasse
Die Pausen können auch zusammen mit den Schülerinnen und Schülern umgesetzt werden. Der Jahresbegleiter bietet in fast jedem Kapitel Ideen dazu. So wird die Bedeutung der Gesundheitsprävention bereits kleinen Kindern vermittelt. Vielleicht finden die Schülerinnen und Schüler die Bewegungsübungen am Anfang etwas peinlich oder sie müssen während einer Atemübung lachen. Sie werden aber selbst merken, dass ihnen die Pause guttut.
Im Laufe des Jahres entsteht eine persönliche Schatzkiste an Übungen, Ideen und Tipps und Tricks, die der Lehrperson aber auch der Klasse besonders guttun. Sind wir gelassen, werden auch ein Perspektivenwechsel und ein bewusstes Handeln möglich. Sind wir gestresst, handeln wir eher unflexibel und bleiben in alten Gewohnheiten verhaftet.
«Sind wir innerlich ruhig, fällt es uns leichter, mit herausfordernden Situationen umzugehen und gute Lösungen zu finden», sagt Carola Kleinschmidt. Vielleicht stören gerade drei Kinder den Unterricht und wenn wir innehalten, wird uns klar, dass sie vielleicht noch etwas aufgeregt sind, weil in der ersten Stunde ein Feueralarm geübt wurde. Was brauchen diese Kinder gerade, damit es ihnen gelingt, sich anschliessend wieder ruhig auf ihr Arbeitsblatt konzentrieren zu können?

 

Carola Kleinschmidt

Carola Kleinschmidt ist Diplombiologin, Autorin, Speakerin, zertifizierte Trainerin und Coach. Sie beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit der Stressprävention. Ihr Ziel ist es, den Menschen Anregungen zu geben, mit denen sie in ihrem Alltag wirklich etwas für sich und ihre Gesundheit tun können.

https://www.carolakleinschmidt.de/

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